Zur Anmeldung als Teilnehmer bitte E-Mail mit Nennung des gewünschten Benutzernamens an: pfenz@mail.de
Daniel Lehmann
Von Stadtwiki
Daniel Lehmann (* 26. August 1835 in Dobel; † 24. August 1883 in Pforzheim) war Gewerkschaftsführer und Sozialist in Pforzheim.
Inhaltsverzeichnis |
Auf dem Weg in die Politik
Daniel Lehmann absolvierte eine Lehre als Schneider. In den 1860er-Jahren bekam er in Pforzheim eine Stelle als Ausläufer bei Moritz Müller, dem Mitbegründer des Arbeiterbildungsvereins, in dem Lehmann auch Mitglied wurde. Im Februar 1870 war er Mitbegründer des Pforzheimer Ortsvereins der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ (SDAP – August Bebel) zusammen mit Kabinettmeister Gustav Adolf Noller, Guillocheur Ludwig Scholl, Goldarbeiter Karl Stecher, Graveur Ludwig Wankmüller und Bijoutier Karl Weeber. Im Juni 1870 nahmen er und Karl Stecher in Stuttgart am Parteitag der SDAP teil.
An der Spitze der Gewerkschaft
1871 übernahm Daniel Lehmann die Leitung des „Gewerkvereins der Goldarbeiter“, genauer, der „Gewerksgenossenschaft der Pforzheimer Goldarbeiter und verwandter Berufsgenossen“ erst im Ortsverein Pforzheim, dann im Sommer 1871 wählten ihn seine Kollegen zum Vorsitzenden des Generalrats des Gewerkvereins der Deutschen Gold- und Silberarbeiter. Der in den Anfangsjahren den Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften nahestehende Gewerkverein war 1891 eine der Vorläuferorganisationen des DMV (Deutscher Metallarbeiter-Verband), aus dem nach 1945 die Industriegewerkschaft Metall entstand.
Im „Gewerkschafter“, dem Organ des Gewerkvereins, hieß es im Juli 1871:
„Und was will denn diese Arbeiterbewegung ? Sie will nichts anderes, als den Mensch als Mensch behandelt wissen, sie will, dass der unbemittelte Mann der Arbeit die gleichen politischen Rechte in Staat und Gemeinde genieße als wie ein anderer, sie will ferner, dass demjenigen, der arbeitet, auch der Ertrag der Arbeit zuteil wird…“
Arbeitskämpfe
Im Oktober 1871 forderte eine Petition von 1200 Arbeitern die Besserbezahlung der Überstunden. Die Reaktion der hiesigen Unternehmer war die Gründung eines Fabrikantenvereins und Entlassung der Wortführer der Lohnbewegung: Lehmann wurde von seinem Arbeitgeber Moritz Müller, seinem früheren Förderer und Mitbegründer des Arbeiterbildungsvereins, entlassen.
Im Frühjahr 1872 gehörte Daniel Lehmann mit Ferdinand Bischoff zu den Anführern einer Versammlung gegen eine Anordnung des Fabrikantenvereins, nur Arbeiter mit einem Kündigungsschreiben dürften eingestellt werden. In der Turnhalle - heute ungefähr an der Nordwest-Ecke des Turnplatzes – protestierten über 1500 Beschäftigten gegen die Generalverdächtigung, alle Arbeiter ohne Entlassungspapiere hätten Schulden oder sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht. Aufgrund der Hochkonjunktur brauchten die Unternehmer viele Arbeitskräfte und verzichteten so auf ihr Vorhaben.
Im Sommer 1872 unterstützten der Gewerkverein und die SDAP-Ortsgruppe mit Daniel Lehmann den erfolgreichen Kampf der Etuis-Arbeiter, im Buchbinder-Verband organisiert, um eine 25–prozentige Lohnerhöhung. Lehmann war nach seiner Entlassung zunächst beim Gewerkverein angestellt und eröffnete 1873 eine Gastwirtschaft, den „Brauerei Hof“, heute auf dem Grundstück von Galeria Kaufhof.
Im Gemeinderat
1874 wurde durch eine neue Städteordnung in Baden das aktive und passive Wahlrecht für Männer ab 24 Jahren, die keine Armenunterstützung empfingen und Steuern bezahlten, in den sieben größten badischen Städten eingeführt. Die Pforzheimer Sozialdemokraten nutzten diese Wahlen und errangen nach dem noch herrschenden Drei-Klassenwahlrecht in der Klasse der Mindestbesteuerten, die drei Viertel der Bürger ausmachte, aber nur ein Drittel der Sitze im Gemeinderat bekam, 22 der 32 Sitze. Unter den Gewählten war 1875 auch Daniel Lehmann. Die Sozialdemokraten setzten sich u.a. für die Aufhebung des Schulgelds und des Oktrois, einer städtischen Lebensmittelsteuer, ein.
Verbot und Gefängnis
Das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ vom 21. Oktober 1878 brachte im November 1878 auch das Verbot des Arbeiterbildungsvereins und des Gewerkvereins in Pforzheim. Daniel Lehmann wurde im Dezember 1880 wegen Verteilung von Flugblättern verhaftet, verlor die Konzession für die Gaststätte und musste eine fünfmonatige Gefängnisstrafe in Freiburg absitzen.
Um Pfingsten 1882 verfasste er das Gedicht „Gedanken eines Sozialisten im Gefängnis“.
Am 24. August 1883 starb Daniel Lehmann an einem Herzschlag.
Ehrung
Seine Parteifreunde errichteten dem gerade 48 Jahre alt gewordenen Daniel Lehmann auf dem Pforzheimer Hauptfriedhof ein Grabmal mit einem Bildnis als Bronzerelief und der eingemeißelten Widmung:
- „Er wollte Frieden, Freiheit, Recht, dass keiner sei des andern Knecht,
- dass Arbeit aller Menschen Pflicht, dass keinem es an Brot gebricht!“
In der Nazi-Zeit wurde das Grabmal für Daniel Lehmann beseitigt.
Literatur
- Die Sozialdemokratie in Baden und Württemberg, Hrsg.: SPD-Landesverband Baden-Württemberg, Stuttgart, 1980
- Schadt, Jörg, Die Anfänge sozialdemokratischer Kommunalpolitik in Pforzheim vor dem ersten Weltkrieg, in: 100 Jahre SPD-Gemeinderatsfrakion Pforzheim, Pforzheim, 1975
- Schroth, Karl, Die entscheidenden Jahre, Pforzheim, 1974, S. 359 ff.
- Endlich, Stefan: Für Freiheit und Menschenwürde, 100 Jahre IG Metall, Pforzheim, 1991