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Neidlingen

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Neidlingen war ein abgegangenes Dorf, eine sogenannte Wüstung, auf der heutigen Gemarkung von Neulingen.

Die Lage des ehemaligen Dorfes deckt sich etwa mit dem heutigen Naturschutzgebiet Neulinger Dolinen.

Lage des einstigen Dorfes Neidlingen

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Der Ortsname war im 11. Jh. noch Nitlingen und wurde dann im 14.-17. Jh. zu Nydlingen bzw. Neidlingen. Im 18.Jh. wurde das -ei- mit -eu- ins Hochdeutsche übersetzt, weshalb der Name Neutlingen aufkam. Erst im 19.Jh. wurde hieraus schließlich Neulingen. Der ursprüngliche Name bedeutete "bei den Leuten des Nidels oder Nidilos". Nidel oder Nidilo muss der Name des Ortsvorsteher gewesen sein. -ingen-Orte zählen in der Regel zu den älteren Ortschaften in der Region.

Lage

Neidlingen lag nördlich des Neulinger Walds und damit am Rande seiner Gemarkung. Zu den wichtigsten Indizien zählen die Flurnamen. So existieren heute noch an dieser Stelle Flurnamen wie "Oberneulingen", "Unterneulingen" oder "Neulingen Kirche". Auch deuten alle "Neulinger Wege" in den umliegenden Dörfern (Göbrichen, Kieselbronn, Ispringen und Eisingen) in die entsprechende Richtung. Ebenso deutet der Neulinger Grund auf Steiner Gemarkung dort hin. In den Neulinger Fluren konnten archologische Besiedlungsfunde aus der Zeit des 11. bis 16. Jahrhundert gemacht werden.[1] Die Funde aus dem 16.Jahrhundert könnten eventuell von einer weiterbestehenden Kirche mit Pfarrhaus oder länger genutzten Gärten Neidlingens herrühren.[2]

Das einstige Dorf Neidlingen

Von allen abgegangenen Siedlungen aus der Umgebung von Pforzheim ist Neidlingen die bekannteste. Es war einst Pfarrdorf und Mutterkirche von Ispringen und scheint zeitweilig aus zwei Orten, aus Unter- und Oberneidlingen bestanden zu haben.

Die Gründung Neidlingens fand wohl im Frühmittelalter statt und vielleicht auch schon zur alamannischen Zeit. Der Ausbau der Herrenhofsiedlung zum Dorf fand wohl im 8./9. Jahrhundert statt.[3] Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes fand um 1090 statt. Darin schenkt eine Gräfin Adelheid das Dorf "Nitlingen" samt Herrenhof (curtis) als Zubehör der Burg Enzberg dem neugegründeten Kloster Sinsheim. Ab 1125 wird ein Ortsadel mit Adelwig und Arnold von Nidlingen (Herren von Neidlingen) erwähnt, die zu Anfang des 15. Jahrhunderts ausgestorben zu sein scheinen oder in die Pforzheimer Bürgerschaft aufgingen. Die Burg der Herren von Neidlingen stand wahrscheinlich im heutigen Neulinger Wald, wo auch Mauereste gefunden wurden. Das Dorf Neidlingen lag wohl in einem Wiesengelände nördlich vom Walde und an einer alten Heerstraße von Speyer ins Neckargebiet. 1365 verkauften die Edelknechte Berthold Göler und seine Brüder Konrad und Hans von Enzberg an die Priorin und den Konvent des Prediger-Frauenklosters in Pforzheim ihre Kirchensätze zu Ispringen und Neidlingen um 1500 Gulden. Fünf Jahre später,1370, wird Neidlingen als vollständig zerstört bezeichnet. Der Historiker Rüdiger Stenzel vermutet, dass das Dorf schon beim Verkauf an das Frauenkloster wüst gewesen sein müsste. 1309 sind die letzten Bewohner urkundlich belegt.

Wie ist die Zerstörung erfolgt? Ist es in kriegerischen Fehden niedergebrannt worden? Dies wäre nicht ausgeschlossen, denn damals herrschten unruhige Zeiten. Die Kriege wurden meist in der Weise geführt, dass man in die ungeschützten Dörfer des Gegners einfiel und sie niederbrannte.

In der Zeit als Neidlingen abging, fällt der aus Uhlands Ballade bekannte Überfall in Wildbad (1367) statt. Daran beteiligt waren auch die Wunnsteiner, die nach einer Urkunde aus dem Jahre 1428 in Neidlingen begütert waren. Was lag also näher, als dass sie Eberhard der Greiner für den Überfall durch Zerstörung wunnsteinischer Dörfer rächte? Dies ist nur eine Vermutung, und selbst wenn sie zutreffen sollte, wäre immer noch nicht geklärt, warum der Ort nach der Zerstörung nicht wieder aufgebaut wurde, wie es in den meisten Fällen geschah.

Es mussten also noch andere Ursachen dazu geführt haben, dass die Bewohner zum dauernden Verlassen des Ortes nötigten. Wer schon einmal im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze über die Neulinger Wiesen gegangen ist, der weiß, wie dort an mehreren Stellen das Wasser in gurgelnden Tönen in die Tiefe verschwindet. Ein eigentümliches und unsicheres Gefühl beschleicht uns, und man verlässt wieder rasch den unsicheren Boden, von dem man nie weiß, ob und wann er unter unseren Füßen wieder einbricht. Die Gegend ist eine typische Kalk- und Karstlandschaft mit unterirdischen Flussläufen, Erdfällen und Quelltöpfen, in denen die unterirdischen Wasserläufe zutage treten (Ispringen). Die Bildung von Erdfällen geht in dieser Gegend immer noch vor sich, wie man aus Beobachtungen weiß. Der Historiker A. Dauber (1948) glaubt zudem, dass eine vieljährige Trockenzeit das Grundwasser in den Muschelkalk absinken ließ. Diese Gegebenheiten könnten natürlich auch ein Grund dafür gewesen sein, dass die Bewohner von Neidlingen ihren Ort aufgaben. Heinrich Tölke (1995) sieht die Dolinen als Ursache kritisch, da Göbrichen diesbezüglich schlechter liegen würde, als es Neidlingen getan hätte. Er sieht stattdessen politische Auseinandersetzungen als wahrscheinlichste Ursache. Als die Burg von den Enzbergern übernommen wurde, wurde der Ort vermehrt in Fehden hineingezogen. Nach der Zerstörung des Dorfes um 1367 nach einer dieser Fehden kam es nach Tölke zu einem Markungsausgleich zwischen den Vogtherren. Überliefert ist nur, dass das Kloster Herrenalb die halbe Vogtei über Neidlingen besaß, aber über die andere Hälfte ist nichts bekannt. Das Frauenkloster Pforzheims besaß die Vogtei über die Nachbarorte Ispringen, Brötzingen und Eutingen; die Herren von Enzberg über die Nachbarorte Kieselbronn und Dürrn; und das Herrenalber Kloster über den Ort Göbrichen. Gemäß Tölke teilten sich diese drei Herren die Vogtei über Neidlingen und teilten die Gemarkung nach der Zerstörung des Dorfes unter sich auf, um Klarheit zu schaffen. Die Anteile der Enzberger und des Frauenklosters wurden den Nachbargemarkungen angegliedert. Dem Kloster Herrenalb blieb die Restgemarkung (50% der ursprünglichen), welche dem Göbricher Zwing und Bann unterworfen wurde.[4]

Nachdem der Ort 1370 als völlig zerstört beschrieben wird, scheint der Ort 1379 nicht wieder aufgebaut worden zu sein (oder die Bewohner werden Göbrichen zugeordnet). In den Jahren 1412, 1419, 1421, 1422 und 1440 wird der Ort mit Kirche als wieder bewohnt beschrieben (etwa 28 Lehensinhaber). Danach scheint der Ort jedoch endgültig aufgegeben worden zu sein. 1454 werden alle Nydlinger Güter mit dem Zusatz "am Kobold" versehen (unheimliches Geschehen?).

Gemarkung

Die Gemarkung Neidlingen wird noch lange als Gemarkung erwähnt. Später wurde sie mit der Gemarkung Göbrichen vereinigt. Daher erklärt sich die eigenartige Gestalt der Gemarkung Göbrichen und die Lage des Ortes. Anhand von älteren Flurnamen ist es möglich, dass auch Eisingen ("Neidlinger Tal") und Ispringen ("Neidlinger Grund") kleinere Teile der Gemarkung zugesprochen bekamen. Die Sage will wissen, dass die Bewohner von Neidlingen nach Göbrichen gezogen seien. Dies ist möglich. Doch sollte man bei Sagen vorsichtig sein, dies zeigt eine andere Sage, die Neidlingen im 30-jährigen Kriege zerstören lässt und zwar deswegen, weil die Bewohner der Einführung der Reformation Widerstand geleistet hätten; dabei wird aber der Ort schon 200 Jahre vorher als zerstört bezeichnet, und die Reformation ist 1556 in der Gegend zur Einführung gelangt.

Herrenhof

Nach Heinrich Tölke (1995) stand der alte Herrenhof Neidlingens in Unterneidlingen. Da herrenhofbezogene Flurnamen wie "Brühl", "Hofacker" oder "Hub" in Neidlingen fehlen, vermutet er, dass der Herrenhof im Namen Malschhausen fortlebte. Der Name bedeutet "Siechenhaus, Krankenhaus", weshalb Tölke davon ausgeht, dass der Herrenhof nachdem er dem Kloster Sinsheim übergeben wurde, umfunktioniert wurde.

Theorien von Robert Künzig und Karl Ehmann

Die Heimatforscher Robert Künzig und Karl Ehmann (1980) sind der Meinung, dass Neidlingen nicht nördlich des Neulinger Bergs lag, sondern südlich. Sie argumentieren, dass das Dorf sonst am Rande der Gemarkung gelegen hätte und vom Neulinger Wald von dieser getrennt gewesen wäre. Zudem wäre der Ort ansonst in "beengter" Nähe zu Göbrichen und eventuell Malschhausen/Schellbach gewesen. Sie lokalisieren den Ortskern westlich des Katharinentaler Hofs in einer langgezogenen Bodenwelle auf Ispringer Gemarkung und sehen die Gewandnamen "Steinmäuerle", "mittlere Heumaden" (unterhalb erstere) und "Kirchmäuerle" (östlich von erstere) im Zusammenhang mit Neidlingen. Die Burg läge bei den "Steinmäuerle", da in einer Urkunde von 1368 diese die Fledin (Heumaden) "bei der Steingrube uf der Mauer gegen die Burg" lag. Im "Kirchhöfle" wurden 1961/62 bei Baumaßnahmen in 2 Meter Tiefe Mauerreste gemacht, die nach Ehmann Reste der Neidlinger Kirche gewesen sein könnte. Tölke argumentiert dagegen, dass die Flur ursprünglich vielleicht "Kirchenhöfle" hieß und an den ehemaligen Fronhof/Kirchenhof erinnert, aus dessen Einnahmen die Kirchen in Neidlingen und Ispringen unterhalten wurden.

Das westlich nahe gelegene Gewann "Unterer See" hieß früher "Schwalbensee" und wurde auch im Lagerbuch von 1501 erwähnt. Das "Schwabenfeld" und die "Müllers Gruben" gehörten 1484 bzw. 1486 zum Oberhof, welcher damals zum Pforzheimer Dominikanerinnenkloster gehörte. Bei den "Hofäcker" wäre demnach der frühmittelalterliche Herrenhof der Neidlinger Ortsvorsteher gestanden, der später an die Herren von Enzberg kam. Nach der Zerstörung des Dorfs wäre der Hof vom Pforzheimer Frauenkloster als "Oberhof" wiedererrichtet. Der Heimatforscher Heinrich Tölke (1995) sieht die Wasserversorgung aus dem See als nicht ausreichend für ein ganzes Dorf an.

Der Weiler Unterneidlingen wäre zwei Kilometer nordöstlich vom Mutterort gelegen. Künzig und Ehmann vermuten, dass der Weiler den Untergang Neidlingens überlebt habe und die Höfe 1440 (u. a. als Gruters-Hube und Erdmannshof) von Göbrichern Bauern bewirtschaftet wurden

Als Abgangsgrund sehen die beiden Lokalhistoriker ebenfalls eine Verbindung zum Wildbader Überfall. Als Grund für den unterlassenen Wiederaufbau eventuell eine schlechte Wasserversorgung. Lediglich der Fronhof sei vom Frauenkloster wiedererrichtet worden.

Kirche

Die Neulinger Kirche war Mutterkirche der Ispringer Kirche. Sie wird erstmals 1302 urkundlich erwähnt und war der Heiligen Walburga, einer angelsächsischen Königstochter, geweiht. Tölke vermutet eine frühe Errichtung der Kirche etwa im 10./11. Jahrhunderts.[5] Im Jahre 1366 stand die Kirche noch, wird jedoch vier Jahre später mit dem gesamten Dorf als zerstört beschrieben. Nach einer Urkunde aus dem Jahr 1412 scheint die Kirche wiedererrichtet worden zu sein, da für dieses Jahr und 1419 ein Pfarrer von "Nydlingen" namens Hans Ruchmuß. Tölke vermutet, dass die Kirche St. Walburgae erst mit der Reformation und der Aufhebung des Pforzheimer Frauenklosters 1565 abgerissen wurde. Dies würde erklären, warum nach einer Göbricher Erzählung Neulingen in der Reformation untergegangen sei. Dagegen spricht ein im Jahr 1573 verfasster Schuldbriefes (GLA 66/8252 Bl. 29B). Hier heißt es:"Einem halben morgen ackhers zu Neidlingen, hinder der Kirchen, zwüschen Ciriax Heckhen, und dem Angewendt gelegen, stoßt hinden uff Jacob wüessten, und vornen an die Kirchen." Die Kirche scheint damals noch existiert zu haben.

Die Herren von Neidlingen (Nidelingen)

Die Herren von Neidlingen wurden schon im 12. Jahrhundert in Hirschauer Urkunden erwähnt, wo ein Adelwig und ein Arnold von Nidlingen vorkommen. Das Dorf Neidlingen samt Burg des gleichnamigen Adelgeschlechts lag zwischen Kieselbronn und Göbrichen, westlich der Straße von Pforzheim nach Bauschlott, und bezeichnet der sogenannte Neulinger Berg noch die Stelle, wo jenes Dorf einst gelegen. Es scheint Ende des 14. Jahrhunderts nicht mehr existiert zu haben, sondern in Ispringen, das früher eine Filiale von Neidlingen war, aufgegangen gewesen zu sein. Als Gemarkungsname wurde der Name Neidlingen noch lange beibehalten. 1321 lebten die Brüder Johann und Marquard von Neidlingen,vorher ihr Vater Berthold von Neidlingen. Marquards Frau war Gisela von Horkheim (bei Heilbronn) und ihre Kinder hießen Johann, Kraft und Anna. Der ältere Johann schenkte dem Kloster Lichtenthal den halben Laienzehnten in Eisingen. Die beiden Brüder Johann und Kraft v. Neidlingen kommen wieder 1344, 1355 und 1357 vor. Mit dem Dorf scheint auch bald das Adelsgeschlecht verschwunden zu sein. Die von Nidlingen waren Ministerialen der Markgrafen von Baden. Ihr Wappen war ein dreieckiger Schild mit einer Hag- oder Schafschere.

Quelle

Einzelnachweis

  1. H-W. Heine (Lutz): Wüstung Neulingen. in: Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 1979, S.268
  2. Tölke (1995): S.442
  3. Heinrich Tölke (1995): Göbrichen/Neulingen. Monographie eines Dorfes und einer Landschaft im Norden Pforzheims. Band II. S 452
  4. Tölke (1995): S. 479 ff.
  5. Tölke (1995): S. 449
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